Semana Santa erleben zwischen Trommeln, Kerzen und Churros

Mitten in der Nacht durch Sevilla laufen, begleitet von Trommeln, Kerzenlicht und tiefen Traditionen – so habe ich die Semana Santa erlebt. Warum es Gänsehaut pur war, wieso lange Unterwäsche kein Fehler ist und was Du als Camper beachten solltest, erzähle ich Dir hier. Die Märsche während der Semana Santa haben wir Ostern 2012 in Sevilla besucht. Seit 1 Monat waren wir frisch aus Marokko zurück auf spanischem Boden, hatten uns wieder eingelebt und bereit für neue Erlebnisse. Wir wollten die Semana Santa in Spanien erleben. Das solltest Du auch unbedingt einmal tun. Vielleicht bist Du gerade zufällig in Spanien mit dem Wohnmobil unterwegs? Dann plane einen Umzug während der Semana Santa auf jeden Fall mit ein!

Das Bild zeigt grafisch eine hellblaue Kaffeetasse, aus der Dampf steigt aus weißem Hintergrund. kleine braunen Herzen befinden sich auf der Tasse. Die Schrift sagt: Gib uns einen Kaffee aus.

2012 war Ostern in Sevilla sehr verregnet. Nachdem wir schon am Dienstag vor Ostern uns in Sevilla die Märsche anschauen wollten, fielen alle wegen zu viel Regen aus. Am nächsten Tag aber fanden die ersten Ostermärsche durch Sevilla statt und wir waren dabei.

Am meisten aber hat uns die Nacht vom Gründonnerstag zu Karfreitag (genannt Madruga) beeindruckt: dann beginnen die Märsche erst um Mitternacht und die Büßer laufen die gesamte Nacht bis in den Karfreitag hinein. Mein Eindrücke über diese Nacht habe ich damals zum Glück aufgeschrieben. (Unser Reiseblog existiert ja erst seit 2014 deswegen gibt es hier ein Rückschau für dich.) Die Bilder sind auch nicht in bester Qualität aber für einen guten Eindruck der Semana Santa schaffen sie auf jeden Fall.

Ein Bericht vom 6.4.2012 zur Nacht zu Karfreitag

Eigentlich war für die Nacht noch Regen angesagt. Als wir uns am Abend ins Bett gelegt habe, hat es draußen auch noch ordentlich geschüttet. Trotzdem: Wecker auf Mitternacht gestellt – nur für den Fall. Und siehe da: Kein Tropfen mehr! Also schnell ins Internet geschaut – der erste Umzug war unterwegs. Das bedeutete: aufstehen, warm einpacken (lange Unterwäsche inklusive!) und los.

Der Bus kam spät und war brechend voll. Und das mitten in der Nacht, kurz vor halb zwei! Offenbar waren wir nicht die Einzigen, die sich das Spektakel nicht entgehen lassen wollte. Irgendwie verrückt – ganz Sevilla ist wach und auf den Beinen.

Unser Ziel: der Stadtteil Triana, wo eine der traditionsreichsten Prozessionen startet. Als wir ankamen, war alles in Vorbereitung. Die Büßer in ihren langen Gewändern versammelten sich vor der Kirche, und wir standen mit vielen anderen Menschen mitten in der Menge – mit bestem Blick auf die Trommler direkt neben uns. Schon das Warten war beeindruckend. In der Dunkelheit, zwischen all den erwartungsvollen Gesichtern, hatte das Ganze eine fast magische Atmosphäre.

Die Prozessionen ziehen in der Semana Santa durch die ganze Stadt. Riesige Heiligenfiguren, sogenannte pasos, werden auf hölzernen Tragegestellen von „Costaleros“ stundenlang durch die Straßen getragen – langsam, Schritt für Schritt, begleitet von Musik oder auch in völliger Stille. Die Straßen sind gesäumt von Menschen, die Stimmung ist andächtig und gleichzeitig festlich. Sevilla lebt für diese Woche.

Triana stellt mit rund 10.000 Brüdern den wohl größten Umzug. Sie laufen von 2:10 Uhr nachts bis 14:30 Uhr – eine echte Bußübung, körperlich wie geistig. Wir konnten problemlos von Straße zu Straße wechseln, uns neue Perspektiven suchen, manchmal direkt vor den Umzügen herlaufen. Nur die Hauptstrecken sind abgesperrt, alles andere passiert ganz nah bei den Menschen.

Besonders berührt hat uns „El Silencio“ – ein Umzug, der in völliger Stille abläuft, nur begleitet von einer leisen Oboe, ohne Straßenbeleuchtung, dafür mit unzähligen Kerzen. Die Gewänder der Büßer, die spitze Kopfbedeckung, die Dunkelheit, die Ruhe – das war Gänsehaut pur. Es ist so verrückt: da stehen hunderte Menschen und es herrscht völlig Stille. Wir reden hier immerhin von Spaniern!

Und so ging es weiter, Umzug für Umzug. Irgendwann staut sich alles vor der Kathedrale, die Gruppen müssen warten, der Ablauf wird zäh. Aber selbst das gehört dazu. Die Nacht verging wie im Flug – und irgendwann dämmerte der Morgen.

Erst mit Tageslicht tauchten auch wieder Kinder und Familien auf. In der Nacht war die Stadt vor allem von Jugendlichen bevölkert. So voll wie da war Sevilla tagsüber nie. Und dann – wie es sich gehört – ging’s für viele direkt zum Churros-Frühstück.

Unser Bus zurück zum blauen Kasten kam um zehn nach acht und war komplett leer. Fast wie ein Taxi nur für uns. Um halb neun waren wir wieder zu Hause – durchgefroren, müde, aber voller Eindrücke. So eine durchgemachte Nacht hatten wir lange nicht mehr. Und das bei gerade mal 7 Grad! Warum es ausgerechnet heute Nacht so kalt sein musste, weiß wohl keiner.

Aber es hat sich gelohnt. Und wie!

Unterhaltsam ist es natürlich auch die Kinder während Umzüge zu beobachten. Es scheint ein Brauch zu sein sich mit Wachs eine Kugel zu bauen – je größer desto besser. Dafür halten sie den Ball einem Büßer mit Kerze hin und dieser träufelt etwas Wachs darauf.

Tipps für Deine Wohnmobilreise zur Semana Santa in Sevilla

Wenn Du irgendwann einmal zur Osterwoche in Andalusien unterwegs bist – Sevilla während der Semana Santa ist ein echtes Erlebnis. Allerdings gibt’s ein paar Dinge, die Du wissen solltest, wenn Du mit dem Camper kommst:

1. Stellplatz rechtzeitig sichern
Die Stadt ist voll, wirklich voll. Ich empfehle Dir, frühzeitig einen Stellplatz zu reservieren – am besten etwas außerhalb, mit guter Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr. Die Busse fahren auch nachts, was gerade für die Nachtprozessionen wichtig ist. Wir haben unser Wohnmobil in Port Gelves, südlich von Sevilla, abgestellt. Dort gibt es einen Stellplatz am kleinen Hafen. GPS: 37.339309, -6.024083 Zur Bushaltestelle sind es nur wenige Gehminuten.

2. Warm anziehen – ja, wirklich!
Auch wenn tagsüber sommerliche Temperaturen herrschen, wird es nachts schnell kalt – besonders, wenn Du stundenlang draußen stehst. Lange Unterwäsche, Mütze, Schal – alles kein Fehler.

3. Flexibilität ist alles
Die Umzüge sind nicht immer auf die Minute pünktlich. Es gibt viele Prozessionen gleichzeitig, und manchmal steht man eine Weile einfach nur da. Geh ruhig ein paar Straßen weiter, such Dir eine andere Perspektive. Es ist überall spannend, nicht nur auf den Hauptplätzen. Du kannst online mitverfolgen wo welcher Umzug stattfindet. Auf dieser Webseite findest Du Zeitpläne und Karten für die jeweiligen Umzüge: https://www.diariodesevilla.es/contenidos/programa-semana-santa-sevilla/index.php

4. Respekt zeigen
Auch wenn das Ganze wie ein großes Spektakel wirkt – es ist eine religiöse Tradition mit viel Bedeutung für die Menschen hier. Verhalte Dich respektvoll, sprich leise, mach keine Fotos mit Blitz und achte auf die Atmosphäre.

5. Churros mit Schokolade – Pflichtprogramm!
Wenn der Morgen graut und die letzten Trommeln verklingen, strömen alle zu den Churros-Ständen. Heiße Churros mit dicker Schokolade – das ist hier der Klassiker nach einer durchwachten Nacht. Und ganz ehrlich: nach so vielen Eindrücken tut das auch richtig gut. Wenn Du Churros mal selber ausprobieren möchtest, das ist ganz leicht. Mein einfahces Rezept findest Du hier: https://www.kochen-und-backen-im-wohnmobil.de/churros/

Was ist eigentlich die Semana Santa?

Die Semana Santa, also die Karwoche vor Ostern, ist in Spanien, besonders in Andalusien, die wichtigste religiöse Feier des Jahres. In Sevilla ziehen über 60 Bruderschaften mit riesigen, teils jahrhundertealten Heiligenfiguren durch die Stadt – Tag und Nacht. Diese Umzüge dauern oft zwölf Stunden und sind streng geregelt. Jeder Orden hat seine eigenen Farben, Musik, Symbole und Traditionen. Die „Costaleros“, also die Träger der pasos, sieht man übrigens gar nicht – sie laufen unter der Konstruktion, mit einem Tuch auf dem Kopf, und arbeiten im Verborgenen.

Die Semana Santa ist eine Mischung aus tiefer Religiosität, beeindruckender Inszenierung und gelebter Tradition. Selbst wenn Du mit Glauben nichts am Hut hast – das hier wird Dich nicht kalt lassen.

Die spitze Kopfbedeckung, die die Büßer während der Semana Santa in Spanien tragen, heißt Capirote.Der Capirote ist ein hoher, konischer Hut aus Karton oder Stoff, der mit einer Kapuze verbunden ist und das ganze Gesicht bedeckt – nur kleine Schlitze für die Augen sind ausgespart. Diese Form der Büßertracht stammt aus dem Mittelalter und symbolisiert Demut und Reue. Obwohl der Capirote durch seine Form für Außenstehende manchmal befremdlich wirken kann, ist er tief in der katholischen Tradition verwurzelt und hat keinerlei Bezug zu späteren historischen Fehlinterpretationen (wie z. B. in den USA).

Die Träger – sogenannte Nazarenos – gehören zu verschiedenen Bruderschaften (Cofradías), die während der Karwoche die aufwendigen Prozessionen mittragen. Die Heiligenfiguren – die man in der Semana Santa überall sieht – werden in beeindruckenden Prozessionen durch die Straßen getragen, und zwar auf kunstvoll geschmückten Tragegestellen, die „pasos“ heißen. Diese pasos sind oft riesig, aus Holz, mit Gold oder Silber verziert, und sie zeigen Szenen aus der Passion Christi, also dem Leidensweg Jesu, oder Abbildungen der Jungfrau Maria.

Bild im Querformat. ein Paso ist zu sehen mit einer Figur der Jungfrau Maria. Vor ihr stehen sehr viele Kerzen in Reihen. der Paso wird durch die Straßen getragen. Links ein rosanes mehrstöckiges Wohnhaus, der Himmel ist weiß.

Getragen werden diese riesigen Plattformen von sogenannten Costaleros, das sind die Träger. Je nach Größe des paso sind das oft zwischen 20 und 50 Männer – oder in manchen Gegenden auch Frauen – die darunter laufen, völlig unsichtbar von außen. Sie tragen die ganze Last auf ihren Schultern oder Nacken, gepolstert mit einem Tuch, das sie „costal“ nennen (daher der Name).

Das Faszinierende: Sie bewegen sich im Gleichschritt, ganz langsam, fast tanzend – und das stundenlang. Sie trainieren Wochen vorher, denn die pasos können mehrere Tonnen wiegen! In Städten wie Sevilla ist das ein richtiges Ritual, und die Bewegungen der Träger wirken fast wie ein Gebet in Bewegung.

Funfact: Ein Ostermontag gibt es in Spanien (und Portugal) übrigens nicht.

Wie fandest Du diese Rückschau zur Semana Santa? War es für dich trotdem hilfriech und unterhaltsam uahc wenn es nicht aktuell aus unserem heutigen Vanlife stammt?

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